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Apr 10 2012
14:32

Der tunesische Philosoph Ali-Ridha Chennoufi spricht am 18. April 2012 am Forschungskolleg Humanwissenschaften der Goethe-Universität

Parole „Hau ab!“ – Vortrag zur „Arabellion“ im Maghreb

FRANKFURT/BAD HOMBURG. „Dégage!“ – Hau ab! – lautete das Motto der Revolution in Tunesien. Gemeint war der Diktator Ben Ali mit seinem korruptem Regime. Ben Alis Flucht am 14. Januar 2011 gilt als Meilenstein des beginnenden „Arabischen Frühlings“, in dessen Verlauf rund einen Monat später der ägyptische Machthaber Husni Mubarak gestürzt wurde. Im Nordwesten Afrikas, dem Maghreb, wurde im Oktober 2011 der libysche Diktator Gaddafi getötet, und im November 2011 ließ der marokkanische König Mohammed VI. nach einer Verfassungsänderung Parlamentswahlen durchführen. Vor allem die noch anhaltenden Umbrüche in den drei Maghreb-Ländern thematisiert der tunesische Philosophieprofessor Ali-Ridha Chennoufi, zurzeit Fellow am Forschungskolleg Humanwissenschaften der Goethe-Universität, in seinem öffentlichen Vortrag mit dem

Titel: „Arabellion: Tunesien, Libyen, Marokko“
am: Mittwoch, dem 18. April 2012, um 19.00 Uhr
Ort: Forschungskolleg Humanwissenschaften der Goethe-Universität, Am Wingertsberg 4, 61348 Bad Homburg vor der Höhe

Ali-Ridha Chennoufi ist Professor für Politische Philosophie an der Universität Tunis. Nach der Tunesischen Revolution wurde er 2011 zum Direktor des Instituts für Philosophie an der Universität gewählt. Sein wissenschaftliches Interesse gilt vor allem der Philosophie von Jürgen Habermas. Die jüngsten politischen Umbrüche in Tunesien und Nordafrika hat er bereits in zahlreichen Zeitungsartikeln kommentiert und analysiert. In Bad Homburg wird er auf Deutsch referieren. Die Einführung und Moderation übernimmt der Frankfurter Rechtsprofessor Klaus Günther, Mitglied des Direktoriums am Forschungskolleg und Co-Sprecher des Exzellenzclusters „Die Herausbildung normativer Ordnungen“ an der Goethe-Universität.

In seinem Vortrag untersucht Ali-Ridha Chennoufi die Demokratisierungsprozesse in Nordafrika, die durch die „Jasminrevolution“ in Tunesien, die gewaltsame Revolution in Libyen und die vom Monarchen initiierte Verfassungsänderung in Marokko vorangetrieben wurden. Wer sind die jeweiligen Akteure des Umbruchs und worin bestehen ihre Motive? Welche Rolle spielen die in den demokratischen Wahlen erfolgreichen islamistischen Parteien? Welche Interessen verfolgen ausländische Mächte in der Region? Chennoufi will diese Leitfragen zunächst kurz einzeln für die drei Länder und ihre spezifischen Gegebenheiten erörtern, um in einem nächsten Schritt Unterschiede und Gemeinsamkeiten herauszustellen.

In Tunesien und Marokko gab es bereits freie Wahlen, bei denen jeweils islamistische Parteien die relativ meisten Stimmen gewonnen haben. In Libyen werden diesen Parteien gute Chancen eingeräumt. Durch diese Entwicklungen, so Chennoufi, sei besonders in Europa, aber auch bei vielen Intellektuellen in den betroffenen Ländern selbst, der Eindruck entstanden, dass die Revolution gescheitert sei, weil sie nicht demokratische, sondern islamistische Parteien an die Macht gebracht habe. So gebe es an der Pariser Sorbonne Kolloquien zur „Islamisierung der Revolution“ und in deutschen Zeitungen lese man Artikel mit Titeln wie „Arabellion: Düstere Perspektiven“.

„Ich halte solche Einschätzungen für unangemessen und falsch“, sagt Chennoufi, der sich in Tunesien für eine effektivere Kooperation der demokratischen Parteien der Mitte engagiert. Zudem ist er an der Konzeption einer neuen tunesischen Verfassung beteiligt. In seinem Vortrag will er aus der Perspektive eines Beteiligten sprechen, ohne die Perspektive eines Beobachters ganz aufzugeben.

Die drei Maghreb-Länder befänden sich, so Chennoufi, nach wie vor in einer Übergangsphase. Eine zentrale Frage sei zweifelsohne, ob der politische Islam fähig sein werde, sich an eine Welt mit demokratischer Staatsführung anzupassen oder ob er eine religiöse Diktatur anstrebe. Chennoufi will nachzeichnen, wie jedes Volk die Abschaffung der Diktaturen in Gang gesetzt hat und welche Schritte der Demokratisierung von innen heraus bisher durchgeführt worden sind. Dem politischen Philosophen geht es auch um die Bedingungen eines vernünftigen und realistischen Bruchs mit der autokratischen Vergangenheit und die Erörterung tragfähiger Perspektiven. In diesem Zusammenhang will er auch über die Rolle sprechen, die beispielsweise Deutschland bei der Errichtung eines anti-autokratischen Systems einnehmen kann.

Die interessierte Öffentlichkeit ist bei dem Vortrag von Professor Chennoufi herzlich willkommen. Um eine vorherige Anmeldung wird gebeten.

Anmeldung: Andreas Reichhardt, Tel: (06172) 13977-16, Fax: (06172) 13977-39, a.reichhardt@forschungskolleg-humanwissenschaften.de, www.forschungskolleg-humanwissenschaften.de

Informationen: Bernd Frye, Presse- und Öffentlichkeitsarbeit, Tel: (06172) 13977-14, frye@forschungskolleg-humanwissenschaften.de